Die Lotus Story
(von Hans Pankalla)
Ab 1991 war in der automobilen Oberklasse nichts mehr so, wie es einmal war. Die Frankfurter Zeitung berichtete zu jener Zeit „Vom Grund des Gruselns und vom Rächer der Enterbten". Anlass dieses Szenarios war die Vorstellung des Lotus-Omega, des Omega EVO 500 und des Irmscher-Senator 4,0i. So mancher Sportwagenfahrer gehörte plötzlich zum langsamen Rest der Welt.
Da hatte sich doch der Massenhersteller Opel erlaubt, die stärkste und schnellste Serienlimousine der Welt zu präsentieren, die auf den ersten Blick wie ein Familienauto aussieht, jedoch so schnell wie ein Ferrari ist. Die Welt der High-End-Automobile war nicht mehr in Ordnung.
In der Tat sind die Leistungsdaten des Lotus Omega auch heute noch absolut beeindruckend. Die GM-Tochter Lotus hat das Basismodell des Omega 3000 24V grundlegend überarbeitet. Der Hubraum des Motors wurde auf 3,6 Liter vergrößert und der Motor zur optimierten Beatmung mit zwei Garett T25 Turboladern ausgestattet. Das Ergebnis waren 377 DIN-PS Leistung mit einem maximalen Drehmoment von 557 Nm bei 4.200 U/min.
Das Seriengetriebe wurde durch ein 6-Gang-Getriebe von ZF ersetzt. Das Fahrwerk, die Bremsen und die Aerodynamik wurden ebenfalls optimiert. Das Fahrwerk wurde von den Testern u.a. als „Prachtfahrwerk welches trotz straffer Abstimmung Federungskomfort hat" bezeichnet und die Spurtreue wird mit der eines ICE der Bundesbahn verglichen. Die Bremsanlage ist ebenfalls über alle Zweifel erhaben und vermittelt bei Gebrauch das Gefühl, als werde ein Anker ausgeworfen oder man fährt gegen eine Gummimauer.
Das Outfit des Fahrzeuges wird bestimmt durch aerodynamisch begründete Spoiler, Schweller und Heckflügel sowie die geschmiedeten 17 Zoll-Leichtmetallräder mit einer Bereifung vom Kaliber 235/40 vorn und 265/40 hinten. Zu einem ansprechenden Innenleben tragen u.a. die mit Conolly-Leder bezogenen Sitze bei. Der Kaufpreis von rd. 125.000 DM war für ein Auto dieses Formats fair, führte aber nicht unbedingt zu Wohlbefinden im Geldbeutel.
Im Endergebnis zählen jedoch messbare Daten und Fakten. Interessanter als die Beschleunigung von 0 auf 100 in 5,5 Sekunden ist die Beschleunigung von 0 auf 200 in 18,3 Sekunden, die den Gesetzen der Masseträgheit trotzt und womit der Lotus Omega sogar die Fahrleistungen des Porsche Turbo und des Ferrari Testarossa in den Schatten stellte. Das gewaltige Drehmoment von über 500 Nm vermittelt beim Beschleunigen das Gefühl brachialer Urgewalt. Die Beschleunigung im Bereich von 230 – 260 km/h entspricht der eines normalen Omega 3000 bei Tempo 130. Die Höchstgeschwindigkeit von über 280 km/h liegt ohnehin jenseits von Gut und Böse.
Wenn wir heute mit unseren „Schwarzen", egal ob Lotus oder EVO auf der Autobahn von den Fahrern schneller Sportwagen kaum bedrängt werden so liegt dies wohl auch daran, dass diese aus Erfahrung mit den Lotus-Boliden den gebotenen Respekt vor dem „Opel mit dem großen Flügel" entwickelt haben.
Ein paar Bilder zum Lotus-Omega (Fotos von Christian Bittman - Autobild "Test & Tuning")