Michael Bartschs „Jägermeister“ bei Audi
Sonderausstellung im Audi-Museum mobile in Ingolstad
„Gute Zeiten“ Audi in der DTM
Eine Geschichte von Herbert Gockel | August 2012 |
Vom 15.8. bis 31.10.12 leben bei Audi im Museum über 20 Jahre DTM-Geschichte wieder auf. Zu erleben sind die Siegerfahrzeuge Audi V8 quattro, TT-R und A4 sowie weitere DTM-Rennwagen aus der Zeit Anfang der neunziger Jahre. Die neue Sonderausstellung „Gute Zeiten“ lässt große und kleine Motorsportbegeisterte in eine Welt voll Adrenalin und technischer Präzision eintauchen. Insgesamt acht Mal beendete Audi eine DTM-Saison mit der Meisterkrone. Die Titelhelden Anfang der Neunziger: Hans-Joachim Stuck und Frank Biela.
Jetzt aber genug der Ehre für Audi. Mit dabei waren Mercedes mit dem 190E, BMW mit dem ersten M3 und wir, ich meine Opel mit dem Omega A. Wie erinnern uns alle gerne und voll Wehmut an diese tolle Zeit der DTM, wo noch mit Autos gefahren wurde, die weitestgehend mit dem Serienfahrzeug überein stimmten und so hohen Identifizierungsgrad mit dem eigenen Auto erzeugten.
Auch Rennsport lebt vom Wettbewerb. So gehören also alle vier Marken dazu, wenn man bei Audi über gute Zeiten in der DTM eine Ausstellung machen möchte. Bei der Planung der Ausstellung kam Audi, soweit ich weiß über Peter Oberndorfer, auf Michael Bartsch zu, der bekanntlich über diverse originale Rennautos verfügt. Dabei eben auch das „Jägermeisterauto“ vom Team Schübel mit der Startnummer 66 und dem damaligen Fahrer Peter Oberndorfer. Und so kam es wie es kommen musste: Audi fragt bei Michael an und der kann natürlich nicht nein sagen und ist, so glaube ich, auch ein wenig stolz. Nachdem die Formalitäten mit Audi geklärt sind, brachte Michael sein Schaustück auf Hochglanz. Sogar die Felgen sehen aus wie neu. Dass das Getriebe fehlt merkt im Museum keiner, denn der Schaltknüppel ist drin und das Auto ist so niedrig, dass man sich in Bankräubermanier durch den Betonboden arbeiten müsste, um den Wagen von unten zu sehen.
Als der „Jägermeister“ getrunken, eh…. ich meine abgeholt war, meinte Michael, ob wir nicht mal dahin fahren sollen und gucken, was die Ausstellung so bietet. (Anmerkung von mir: Michael hatte wohl Angst, dass das Auto weg ist und würde das gerne mal überprüfen). Ich sagte zu. Die Ausstellung wurde zuerst in Neckarsulm gezeigt und ist dann Anfang August 2012 nach Ingolstadt umgezogen. Zur offiziellen Eröffnung am 14.08.2012 in Ingolstadt erhielt Michael von Audi eine Einladung. Das passte gut. Ich durfte als Begleitperson (bitte bekommt keinen falschen Eindruck) mit. Ich durfte auch fahren. Mit meinem EVO 500. Wozu hat man Freunde in der Not, wenn der eigene Lotus in der Farbe rot keinen gültigen TÜV-Stempel bot ;-).
Am Morgen des 14.08.2012 machten wir uns um 9:00 Uhr auf den Weg. Aber nicht zusammen, sondern Michael überführte einen Corsa C 1,4 l zu unserem Clubkameraden Jürgen Gerlich. Das lag auf dem Weg und Jürgen fuhr dann weiter mit nach Ingolstadt. Michael ist immer für Überraschungen gut und naja, auf der A61 ist sowieso überall Tempo 130 angesagt. Nach kurzer Zeit mussten wir tanken. Natürlich kamen wir bei Shell aus. Michael tankte den Corsa mit 95 Oktan voll und reichte den Rüssel an mich weiter. Ich dachte, der weiß nicht mehr, wie man eine Tanksäule bedient. Verwirrung kam auf.
Ich sollte auch tanken, dann ergäbe das eine Abrechnung (Michael hatte sich bereit erklärt die Spritkosten zu übernehmen). Mein EVO sollte äffen Sprit bekommen? Mein Irmscher 4,0 l ? Niemals! Michael meinte, das wäre kein Problem, da wir ja nicht Volllast fahren würden. „Hallo“ sagte ich, „wo lebst du auf einmal? Weißt du was heute noch passiert?“ Damit war das Thema auch für 1,96 Euro pro Liter erledigt.
Wir kamen ohne Fahrtunterbrechnung bei Jürgen an. Unterwegs habe ich keine Fotos gemacht, aber Michael hat ein Video bekommen, auf dem man erkennt, dass er durch Windschattenfahren versucht Sprit zu sparen oder fehlende Motorleistung des Corsa zu kompensieren. Die Daten: 27 Meter Abstand bei 136 km/h. Also ich finde, das reicht für guten Windschatten nicht aus. Vielleicht hätte ich den Corsa schieben sollen, dann hätte man mein Nummernschild nicht lesen können. Nächste Mal.
Rechtzeitig zur Mittagszeit liefen wir bei Jürgen ein. Michael hatte natürlich Kohldampf und so besuchten wir das örtliche Schnitzelhaus der Extraklasse. Ich sag nur gewaltig.
Zu dritt ging die Fahrt über die A6 bis Nürnberg. Die A9, ein Gedicht. Mit gemächlichen 220 km/h und zirka 50 Cent V-Power pro Kilometer kamen wir Ingolstadt näher. Drei Stunden zu früh, denn die Eröffnung begann erst um 18:30 Uhr. Also ab in die Innenstadt und rein in eine Eisdiele. Wir waren mit der Welt zufrieden. Zwischendurch hatte Michael telefoniert. Mit Manni Manta, der nicht unweit von Ingolstadt wohnt. Er und sein Kumpel könnten doch auch kommen. Und so waren wir später mit fünf Opelanern bei Audi.
Überpünktlich waren wir da und der einzige Opel auf dem Audiparkplatz. Wir wurden sehr freundlich von jungen Damen empfangen und durften schon einmal aus der Distanz einen Blick in die Ausstellung werfen. Michael hatte glänzende Augen, denn sein Auto stand unübersehbar mittendrin. Ein Opel im Audimuseum. Das gibt es nicht alle Tage und hat sicher etwas Einmaliges. Die DTM-Sonderausstellung befindet sich im Erdgeschoss. Darüber ist in zwei Etagen das Audimuseum als Dauerausstellung. Wir haben noch Zeit, uns die historischen Ausstellungsstücke anzusehen. Besonders beeindruckend sind die vielen erfolgreichen Rennfahrzeuge, an deren Einsätze ich mich noch gut erinnern kann.
Zu Beginn der Eröffnungsfeier kommen viele bekannte Gesichter aus dem deutschen Rennsport. Neben Audi – Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich kommen Hans-Joachim Stuck, Timo Scheider, Peter Oberndorfer und nicht zuletzt der auch als BMW Werksfahrer bekannte Dieter Basche. Zirka 120 Gäste sind geladen. Nach kurzem Stehempfang findet eine interessante Podiumsdiskussion mit den genannten Personen statt, die Einblicke und Hintergründiges offenbart. Zwischen den Zeilen kann aus den Wortmeldungen der Rennfahrer interpretiert werden, dass das Herzblut mehr am seriennahen Sport hängt. Es spricht für den Stil bei Audi, dass die Mitbewerber in der DTM durchaus akzeptiert und respektiert werden. Auch wenn Opel nicht so erfolgreich war, bekannte Timo Scheider, hat man in den Jahren dort sehr viel gelernt und den Grundstock für die späteren Erfolge bei Audi gelegt.
Danach ging es in die Ausstellung. Michaels Omega war nicht zu übersehen und weckte reges Interesse bei den Besuchern. Irgendwie hatte ich sentimentale Momente, denn die damalige DTM war toll und auch Opel hat immer noch eine große Fangemeinde. Leider scheint das aber bei Opel selbst keiner zu erkennen. Peter Oberndorfer freute sich, sein Auto in so gutem Zustand zu sehen. Richtig begeistert schaute Timo Scheider auf den Arbeitsplatz im Omega. Er kam ja erst später zu Opel und hatte selbst nie im Omega Rennen gefahren. Seinem Gesicht war aber zu entnehmen, dass es ihn gereizt hätte.
Als besonderes Highlight des Abends drehten Timo Scheider und Hans-Joachim Stuck auf dem Vorplatz des Audi-Forums einige kleine Runden mit dem A8 mit der Startnummer 44, Stucks Meisterauto. Man spürte die Kraft und den Gripp des Allradantriebes aus den Ecken heraus. Die beiden Rennfahrer hatten sichtlich Spaß an der Aktion.
Zurück in der Ausstellung, sahen wir uns natürlich auch Audis neuere Erfolgsmodelle aus der jüngeren DTM an. Das Siegerauto von Timo Scheider aus dem Jahre 2009 hat es mir angetan. Die haben das Auto total verstümmelt. Von hinten kannst du förmlich in den Diffuser hineinkriechen. Ich liege flach auf dem Boden und mache Fotos aus dem Innenleben des Audi. Plötzlich steht eine Dame der örtlichen Presse neben mir und meint: „Diese Opelleute betreiben hemmungslos Werksspionage“ ;-). Nur die Tatsache, dass Opel nicht in der DTM aktiv ist, bewahrt mich vor einem Zugriff des Sicherheitsdienstes.
Wir kennen Michael. Die Schnitzel von heute Mittag sind auf dem Weg zum Ausgang und es kann bzw. muss wieder nachgetankt, eh…..ich meine nachgefasst werden. Audi bot ein Buffet vom Feinsten. Wir hauten richtig rein, denn der Tag war für uns noch lange nicht zu Ende. Während des Essens gab es noch nette Gespräche über Autos, Rennen und die „Guten Zeiten“ früher.
Um 23:00 Uhr, viele waren schon nach Hause, verabschiedeten wir uns von dieser Glitzerwelt und traten die Heimfahrt an. Mein EVO stand fast allein und treu wartend auf dem Parkplatz und schien auch einen netten Tag in der Fremde gehabt zu haben. Spuren von Fremdenfeindlichkeit waren jedenfalls am Auto nicht zu erkennen. Das passte zu dem Tag bei Audi, der für uns irgendwie etwas Besonderes hatte. Wir fühlten uns großzügig aufgenommen. Aber das ist aus der Position der Erfolgsgeschichte Audi wohl normal.
Auf der Rückfahrt bummelten wir so mit 160 km/h Richtung Heimat. Alle waren müde und so war es recht leise im Auto. Jürgen wurde zu Hause abgeliefert und wir nahmen die A61 unter die Räder. 150 Kilometer vor zu Hause konnte ich mich nicht mehr konzentrieren. Meine Augen machten schlapp. Michael musste ans Lenkrad. Im Unterbewusstsein meinte ich Michaels Stimme zu hören, die sagte: „Endlich mal wieder einen EVO fahren“.
Um 4:30Uhr war ich in Viersen und kroch total kaputt ins Bett. Sandra bekam von mir den obligatorischen Gutenachtkuss, schaute mich aus Sehschlitzen an und meinte:
„War et schön?“
Bilder der Ausstellung: